Montag, 20. November 2006

Yeah Yeah Yeahs - Show Your Bones

Im Bad eines HotelzimmersBad eines Hotelappartments.* In der leeren Badewanne sitzen sich zwei beinahe sportlich gebaute, nackte Herren Ende Zwanzig gegenüber. Ein CD-Player läuft auf voller Lautstärke.


Hörer #1: Ich möchte nicht unhöflich erscheinen, aber das Gequäke nervt! Was ist das überhaupt?

Hörer #2: Was? Meinen Sie die Yeah Yeah Yeahs mit ihrem zweiten Album Show Your Bones!? Das nervt Sie bereits? Dann hätten Sie erst einmal das Erstlingswerk der drei New Yorker, Fever To Tell, hören müssen: Das war explosiver Garagen-Punk-Rock. Dagegen ist dieses Album zurückgenommenes Songwriting mit Artrock-Ansätzen. Aber lassen Sie uns doch ein wenig weiter hören.

Hörer #1: Was soll das denn nun sein? Artrock? Punk? Folk? Indy?

Hörer #2: Da haben Sie schon den Kern getroffen. Die Yeah Yeah Yeahs lassen sich in keine Schubladen stecken. Experimentierfreudig, unkonventionell, auf einem Pfad der Selbstfindung. Und das alles vereint, kulminierend, auf einem einzigen Album. So etwas habe ich bisher selten gehört!

Und was sagen sie?

(Pause, Hörer #2 pfeift den Refrain von „Way Out“ mit, Hörer #1 versucht konzentriert auszusehen)

Hörer #1: Nun ja. Nehmen wir den Song „Phenomena“. Er ist eine Mischung aus mindestens fünf Bee Gee’s Songs und dem O.S.T. von From Dusk Till Dawn! Insofern haben sie Recht: es ist in der Tat etwas neues, solche Einflüsse zu vermischen.

„Gold Lion“ ist dagegen erträglich und hat etwas innovatives. Das Refrain-Gejauchze von Frontfrau...
(schaut in das Booklet der CD, die neben der Badewanne liegt)
...Karen O verleiht dem Song Wiedererkennungswert. Auch der darauffolgende Titel, „Way Out“, beginnt eingängig. Da wird aus Indy plötzlich Britpop. Aber leider nur 2:51 min lang, denn dann driften wir mit „Fancy“ akustisch etwas in die 70’er zurück. Das ist aber auch nicht schlimm. Hört man das Album jedoch am Stück, fängt spätestens jetzt die kratzige Stimme der Frontfrau an zu nerven.

Hörer #2: Aber ich bitte Sie! Es handelt sich um Indyrock! Was wollen sie denn da hören. Außerdem ergänzt die ausdrucksstarke Stimme Karen Os perfekt das etwas krachige Ensemble. Die Proberaumatmosphäre ist beinahe zu greifen.

Hörer #1: (springt auf) Im Proberaum hätten sie auch bleiben sollen! Hören Sie sich doch einmal bitte „Honeybear“ an! Ein Ringelringelreihe-Refrain gepaart mit drei Akkorden auf der Gitarre. Ich muss den Yeah Yeah Yeahs ja einiges zugestehen, aber das ist der Tiefpunkt auf Show Your Bones.

Und dann noch „Mysteries“...da ist der Punk mit ihnen durchgegangen. Nein danke!

Danach diese unbeholfene Lagerfeuerromantik mit „Warrior“. Das ist mir zuviel. Machen Sie bitte den CD-Player leiser!

Hörer #2: (springt auf) Ich denke ja gar nicht dran! Gehen Sie doch!

Hörer #1:
Was? So können Sie mit mir in meiner Wanne nicht reden!
...also gut! So kommen wir nicht weiter.
(beide Herren setzen sich)
Ich will es mal so beschreiben: während andere Alternative-Kollegen sich langsam im Gehörgang einnisten, um die Gunst des Zuhörers schmeicheln, ihn mit melodiösen Komplimenten überschütten um dann Einlass gewährt zu bekommen, treten die Yeah Yeah Yeahs die Tür ein, marschieren mit dreckigen Schuhen über den Teppich und fläzen sich in den Sessel des Hausherren...

Hörer #2: ...und Hinterlassen dort ihren Eindruck!

Hörer #1: Zweifellos! ...Aber was für einen...?
(dreht den Wasserhahn auf)








* Möglicherweise handelt es sich um das selbe Hotelzimmer der dramatischen Geschichte „Herren im Bad“ von Loriot.

The Yeah Yeah Yeahs

Arne Scheschonk

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